Der Aschaffenburger Dichter Willalbert Schramm hat 1953 über den Bischberg geschrieben:
"Fast 60 Jahre werden es heuer sein, seit ich ihn das erste Mal bestieg, meinen Lieblingsberg an der Straße nach Obernau. Er kam mir vor wie ein Riese, auf dem Rücken liegend, die Beine hochgezogen, wenn ich Knirps an sonnigen Tagen mühsam an diesen hinaufkletterte. Sein Scheitel, mit Hasel- und Schlehenbüschen bewachsen, war das ideale Gelände für Räuber- und Indianerspiele mit gleichgesinnten Kameraden.
Die ersten Veilchen blühten dort und die schönsten Weidenkätzchen für den Palmsonntag. Kühle strömte an heißen Tagen aus dem Reservoir des 1888 unten an der Straße erbauten (alten) Wasserwerkes, das bis 1908 in Betrieb war. Ein heiterer Tempel - auf eisernen Säulen ruhte sein Dach - krönte damals noch des Berges Haupt und eine gestiftete Bank unter einer schattenspendenden Akazie lud zum Ausruhen ein..."
Bis 1936/37 stand er auf dem Bischberg. Ein beliebtes Ausflugsziel für Wanderer aus Nah und Fern. Errichtet wurde die einfache Konstruktion, die aus 5 Stahlstützen und einem Dach bestand, in den Jahren 1878/79. Gebaut wurde der Tempel von dem 1874 gegründeten "Aschaffenburger Verschönerungsverein". 1880 gab "Seine Majestät König Ludwig" die Genehmigung, dass der Tempel seinen Namen trage. In verschiedenen Stadtführern der damaligen Zeit wurde der Tempel erwähnt.
1936/37 wurde der Ludwigstempel in die Fasanerie versetzt. Der Platz auf dem Bischberg wurde für die Verteidigungslinie die entlang des Maines gebaute wurde benötigt. In der Fasanerie ging er infolge von Kriegseinwirkungen verloren. Niemand weiß genau wie. Nur die Sockelsteine blieben erhalten.
Im Februar 1989 fertigte der Leiter des Hochbauamtes, Ernst Holleber, anhand des einzigen verfügbaren Fotos ein Modell und Pläne des Tempels an. Die fünfeckige Form hatte im Mittelalter magische Bedeutung. Verbindet man die Ecken mit Linien erhält man einen Drudenfuß dem Zauberkräfte zugeschrieben wurden. Der Platz selbst bietet eine wunderschöne Aussicht auf die vorbeiziehende Obernauer Straße, auf den Main und in die Weite des Bachgaues. Der Ludwigstempel wurde auf Grundlage der Pläne des Bauamtes an alter Stelle neu errichtet.
Ende der 1970er Jahre erschien in der Reihe "Aschaffenburger Neuigkeiten vor 100 Jahren" im Main Echo ein Artikel mit folgendem Wortlaut:
"Es wird allgemein gewiß dankbar anerkannt, daß der Verschönerungsverein für Stadt und Umgebung viel Gutes und Nützliches geleistet hat und fortwährend für das Wohl unserer Vaterstadt bedacht ist. Daß aber seine Bestrebungen und sein Eifer für die gute Sache gewiß nicht gefördert werden, wenn er sieht, daß Roheit und Gewaltthätigkeit wieder darauf bedacht sind, das Geschaffene zu zerstören... so z.B. wurde ein großer Teil des Unterbaues an dem Ludwigstempel auf dem Bischberg gewaltsam zerstört und nach dessen Aufrichtung wieder einzureißen versucht."
Es hat schon zu allen Zeiten "Rabauken" gegeben, vielleicht heute vermehrt. Dies soll keine Entschuldigung sein, uns aber auch nicht davon abhalten unsere Heimat lebenswert zu gestalten und zu erhalten. Es sollte allerdings so bleiben, dass der Bischberg nur zu Fuß erreicht werden kann. Kraftfahrzeuge würden die Ruhe dieses schönen Gebietes, das auch ein herrliches Vogelparadies ist, empfindlich stören.
Aus "Fidelio aktuell", Nr. 2 Dez. 1990
Verfasser: Hans Brunner
Ergänzungen: Sebastian Väth
Fotos: Philipp Väth