Um das Jahr 1770 wurde die Amtsvogtei gegründet. Der Vogt war der Vollzugsbeamte des Grundherren, in unserem Fall des Erz- und Fürstbischofs von Mainz. Der Vogt übte im Namen des Grundherren die Justiz- und Polizeigewalt aus über die Grundholden, d.h. die hörigen Bauern, welche den Grund und Boden zu bewirtschaften hatten.

Zur Amtsvogtei Schweinheim gehörten:
Dörrmorsbach, Dettingen, Ebersbach, Gailbach, Glattbach, Goldbach, Grünmorsbach, Haibach, Hösbach, Kleinostheim, Keilberg, Obernau, Mainaschaff, Oberbessenbach, Stockstadt, Straßbessenbach, Leider und Winzenhohl.

Die Vogtei war verantwortlich für 18 Ortschaften, 1833 Feuerstellen, 8 Pfarreien und etliche Tochterkirchen.

Die Vogtei, auch Distriktmairie genannt, hatte ihren Hauptsitz im Rathaus Aschaffenburg. In Schweinheim scheint jedoch nach vorliegenden Akten eine Vogtkanzlei bestanden zu haben. Der Distriktmairie war gleichzeitig Justizbeamter und Amtsvogt. Finanziell unterstand er der Oberkellerei Aschaffenburg. Weinbau wurde in der Vogtei vorzüglich zu Schweinheim, Obernau und Kleinostheim betrieben. Neben dem Wein bereitete man viel Apfelwein. Mit 10.000 Seelen war die Schweinheimer die größte Vogtei des Vizedomamtes.

Die Funktionen des Vogtes lagen in den Händen des Stadtschultheißen von Aschaffenburg. Der Amtsvogt war Richter in Zivil- und kleineren Strafsachen (seine Zuständigkeit ging bis zur Anordnung 2-tägiger Eintürmung) und Untersuchungsrichter in größeren Strafsachen. Die Untersuchung fand meistens im Gefängnis zu Aschaffenburg statt. Er handhabte die hohe und niedere Polizeigewalt, beaufsichtigte die Gemeindeverwaltungen, schrieb Fronden (Pflichtabgaben) aus für Treibjagden und für die Bestellung herrschaftlicher Äcker, sammelte die Steuern, Rauchhühner, Frongelder, Leibeigenschaftsabgaben, Grundzinsen und lieferte die Einkünfte an den Keller ab.

Zwischen 1792 und 1794 bemühte sich das Schweinheimer Vogteiamt die Gemeinde zu einer Pflasterung der Ortswege zu veranlassen.

Bei den kriegerischen Auseinandersetzungen mit den Franzosen im Jahr 1798 stellte das Vogteiamt Schweinheim die 3. Kompanie. Die Stärke der Einheit bestand aus 300 Mann, davon 90 Soldaten aus Schweinheim selbst. Beim Abmarsch wurde jedem 1/2 Maß Wein und Brot gutgeheißen. Die Truppe war dem Amtsvogt unterstellt. Abzeichen waren eine schwarze Kokade und eine rot-weiße Armbinde. Als Bekleidung waren des Hochspessarts grüne Kittel und hirschlederne Hosen vertreten.

In Schweinheim wurden vor dem Vogteigericht Weid- und Holzfrevel verhandelt. Es nahm hier 1803 Holzversteigerungen vor, wofür amtsvogteiliche Diäten bezahlt wurden.

Die seitlich vom Vogteihaus liegenden Wiesen trugen den Namen "Rosengärten", weil die Amtsvögte bzw. deren Unterbeamte dort Rosenkulturen pflegten. 1814 wurde die Amtsvogtei Schweinheim aufgehoben.

Aus "Fidelio aktuell", Nr. 3 April 1982
Verfasser: Hans Brunner